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Modeerkrankungen
ein Projekt für die Frankfurter Allgemeine Zeitung
Die Geschichte der Essstörung
Nicht nur in der heutigen Zeit leiden viele Menschen an Essstörungen. Sie äußern sich in verschiedenen Varianten, wie z.B. Fettsucht, Bulimie oder Magersucht. In diesem Bereich wird die Fettleibigkeit nicht bedacht. Die Hauptthematik ist hier auf den Verzicht von Essen oder Lebensmitteln gerichtet.
Erste dokumentierte Beschreibung einer Essstörung. Tilman Habermas schildert einen Fall der Magersucht mit Heißhungeranfällen und selbst herbeigeführtem Erbrechen. Eine junge Bäuerin aus Treuchtlingen (Bayern) leidet unter heftigen „Fressanfällen“, wegen derer sie sich schämt. Sie geht in ein Kloster und unterwirft sich dort einer Fastenzeit von 6 Wochen.
Katharina von Siena fasst mit 7 Jahren den Entschluss, ihre Jungfräulichkeit Madonna zu schenken. Dazu verzichtet sie auf Fleisch. Im Alter von 15 Jahren ernährt sie sich nur noch von Brot, Kräutern und Wasser. Sie stirbt im Alter von 33 Jahren.
Eine 20 Jahre alte Engländerin wendet sich aufgrund von Appetitlosigkeit und Verdauungsstörungen an den Arzt Richard Morton. Dieser schildert, dass er in seiner medizinischen Laufbahn, noch nie einen so abgezehrten Menschen gesehen hat. Seiner Meinung nach, ist die Ursache dieses Zustandes große Sorge, Überbelastung und eine starke Familienautorität. Er bezeichnet die Krankheit als „nervöse Schwindsucht“. Morton unterscheidet als Erster die Schwindsucht von der Chlorose (Bleichsucht) und der Appetitlosigkeit des Melancholikers oder des Hypochonders. Seine Patientin stirbt 3 Monate nach der Untersuchung.
Der Londoner Internist Sir William Gull bezeichnet die Magersucht in einer Publikation als „Anorexia nervosa“ (dt. nervlich bedingte Appetitlosigkeit).
Sir William Gull veröffentlicht in der Zeitschrift „The Lancet“ die Krankheitsgeschichte eines 14-jährigen Mädchens, das an Magersucht leidet. Der Londoner Arzt W. S. Playfair schreibt in einem Leserbrief, dass „die Anorexie Folge belastender Studien für irgendwelche höheren Examina für Frauen [ist], wie sie jetzt so in Mode sind.“.
Hilde Bruch veröffentlicht das Buch „Eating disorders: obeity, anorexia nervosa and the person within“. Dieses Buch ist der Wegbereiter psychotherapeutischer Forschungen zur Essstörung.
Die US-amerikanischen Medien berichten von jungen Frauen, die sich weigern zu essen.
In Deutschland entstehen spezifische Sucht-Kliniken und Selbsthilfegruppen.
Der amerikanische Arzt Steven Bratman prägt den Begriff „Orthorexia nervosa“ (grie.: ‚orthos‘ = richtig; ‚orexia‘ = Appetit). Diese Essstörung zeigt sich in einem unflexiblen, zwanghaften Essverhalten, welches sich vor allem an gesunden Lebensmitteln orientiert. Betroffene brauchen Kontrolle über die Art, Herkunft und Zubereitung der Zutaten. So darf das aus dem Garten stammende Gemüse beispielsweise nicht später als 15 min nach der Ernte verzehrt werden. Abweichungen der selbst auferlegten Ernährungsregeln bestrafen Erkrankte durch extremes Fasten.
Gründung der Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik in Deutschland.
Das Robert Koch-Instituts erhebt erstmals bundesweit umfassende Daten zum Gesundheitszustand der Kinder und Jugendlichen in Deutschland. Die Ergebnisse zeigen, dass mehr als ein Fünftel im Alter zwischen 11 und 17 Jahren erste Symptome einer Essstörung zeigen.
Rund 7.000 Menschen sind laut deutschen Krankenhäusern an Anorexie erkrankt.
Seit 2009 hat sich die Zahl der an Essstörungen erkrankten Jugendlichen verdoppelt.
Quellen:
Die Kunst des Hungerns: Essstörungen in Literatur und Medizin um 1900; Diezemann Nina; Kulturverlag Kadmos; Berlin 2006
http://www.magersucht.com/pb/1/1_1.htm
http://www.bpb.de/apuz/28581/magersucht-und-andere-essstoerungen?p=all
http://www.daserste.de/information/wissen-kultur/w-wie-wissen/sendung/2012/orthorexie-100.html
http://de.statista.com/themen/128/magersucht/
http://web4health.info/de/answers/ed-anorexia-history.htm
9. Jh.
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